P O L I T I K & V E R S O R G U N G Reporting-Systeme für sogenannte „Beinahe-Schä- den“ sind sinnvoll, anerkannt und in deutschen Kli- niken bereits gesetzlich vorgeschrieben. Der Nutzen für die Patientensicherheit steht und fällt allerdings mit der umfassenden Nutzung der Systeme durch die Anwender vor Ort und durch die systematische Auswertung der gemeldeten Ereignisse. Beides findet in Deutschland unzureichend statt. Es gibt in Medizin und Pflege keine ausgeprägte Sicher- heitskultur. Außerdem fehlen klare gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass diejenigen, die unerwünschte Ereignisse melden, vor Sanktionen geschützt sind. Der Ansatz der Ersatzkassen, nicht nur Professionelle, sondern auch Patientinnen und Patienten bei der Gewinnung von Informationen über Schwachstellen einzubeziehen, ist durchaus modern und sinnvoll. Welche neuen Aufgaben kommen durch die Kran- kenhausreform auf den MD Bund und die Medizi- nischen Dienste zu und wie gut sehen Sie sich für diese Aufgaben gewappnet? Für die Medizinischen Dienste ist die Prüfung von Qualitätskriterien in Krankenhäusern nichts Neues. Seit Jahren haben die Dienste Erfahrungen mit der Prüfung von OPS-Strukturmerkmalen. Die neuen Leistungsgruppenprüfungen sind dem sehr ähn- lich. Sie werden fachlich sehr gut geleistet werden. Die eigentliche Herausforderung liegt woanders: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) sieht vor, die Prüfungen möglichst auf- wandsarm und digital zu gestalten, um die Kranken- häuser nicht zu sehr zu belasten. Dieses Ziel wird vom Medizinischen Dienst, also dem MD Bund un den Medizinischen Diensten in den Ländern, vollum- fänglich unterstützt. Wir stehen vor einer grundlegenden digitalen Transformation der Begutachtungs- und Prüfaufgaben. Die technischen Voraussetzungen dafür müssen geschaffen und Prüfkonzepte neu entwickelt werden. Das erfordert innova- tives Denken, Zeit und Geld. Der Medizi- nische Dienst wird diese Veränderungen beherzt angehen. Anderenfalls werden die Akzeptanz und das Vertrauen in den Begutachtungs- und Prüfdienst leiden. Der MD Bund steht im engen Kontakt mit den Medizinischen Diensten, den Krankenkas- sen, den Krankenhäusern und den Landesplanungs- behörden, um dies professionell und zeitgerecht umzusetzen. Die Komplexität der Verfahren wird zukünftig ohne leistungsfähige und standardisierte digitale Struk- turen nicht zu bedienen sein. Was muss hierfür vom Medizinischen Dienst Bund und den Medizinischen Diensten, was muss seitens der Krankenhäuser getan werden? Ziel des Medizinischen Dienstes sind aufwandsarme Prüfungen und schlanke Prozesse für alle Beteiligten. Es soll so wenig Aufwand wie möglich entstehen. Manche Krankenhäuser sind derzeit noch nicht in der Lage, die Unterlagen entsprechend der soge- nannten Elektronischen-Vorgangsübermittlungs- Vereinbarung (eVV) zu übermitteln. Insofern sind auch die Krankenhäuser gefordert, digitale Struktu- ren auszubauen. »Der Ansatz der Ersatzkassen, nicht nur Professionelle, sondern auch Patientinnen und Patienten bei der Gewinnung von Informationen über Schwachstellen einzubeziehen, ist durchaus modern und sinnvoll.« Die Steigerung von Qualität ist auch ein erklärtes Ziel der Krankenhausreform. Wie muss die Reform aus Ihrer Sicht gestaltet sein, damit dieses Ziel erreicht werden kann? Das Ziel der Krankenhausreform, bestimmte Behandlungen auf qualifizierte Kliniken zu kon- zentrieren, ist richtig. Das sagt einem ja schon der gesunde Menschenverstand. Mehr passiert aber zunächst nicht. Das sieht man etwa an der Diskussion um die Qualitätskriterien für die Leis- tungsgruppen: Die Qualitätskriterien sind Min- destanforderungen; sie sind kein Ausdruck für besonders gute Qualität. Die Chance, im Zuge der Reform verbindliche Sicherheitsmaßnahmen wie etwa ein verpflichtendes Meldesystem für besonders schwerwiegende, aber gut vermeidbare unerwünschte Ereignisse für alle Krankenhäuser einzuführen, wurde verpasst. Der MD Bund hatte vergeblich vorgeschlagen, dies mit dem Kranken- haustransparenzgesetz einzuführen. 2 0