Patientensteuerung

Mit dem persönlichen Ärzteteam zu einer besseren Versorgung

Das Thema „Patientensteuerung“ ist in der öffentlichen Diskussion angekommen, oft verbunden mit einer Forderung nach flächendeckenden Hausarztmodellen. Die Ersatzkassen haben das Konzept „Persönliches Ärzteteam“ entwickelt, das zielgenauer steuert und den Versicherten echte Vorteile bietet.

Illustration: Persönliches Ärzteteam

Die Arztpraxis ist in den meisten Fällen erster und oft auch einziger Anlaufpunkt bei gesundheitlichen Problemen. Umso wichtiger ist es, dass die ambulante Versorgung gut funktioniert und für die Versicherten leicht zugänglich ist, wenn es medizinisch erforderlich ist. Hier gibt es zuletzt immer mehr Probleme: Etwa ein Drittel der Versicherten bewerten die Wartezeiten auf einen Facharzttermin laut GKV-Versichertenbefragung 2024 als zu lang und über 40 Prozent geben an, dass sich die Wartezeiten-Situation in den letzten fünf Jahren verschlechtert habe.

Die Gründe hierfür sind vielfältig, aber eine wichtige Rolle spielt die im internationalen Vergleich hohe Inanspruchnahme von Arztpraxen in Deutschland. Etwa 20 Prozent der Versicherten suchten im Jahr 2022 sechs oder mehr Arztpraxen auf, immerhin 5 Prozent der Versicherten sogar mindestens neun Arztpraxen. Auffällig ist auch die Inanspruchnahme mehrerer Arztpraxen der gleichen Fachgruppe in einem Jahr: Immerhin 3 Prozent der Versicherten mit Hausarztkontakt besuchten 2022 drei und mehr Hausarztpraxen und mehr als 6 Prozent der Menschen, die bei einem HNO-Arzt in Behandlung waren, suchten im gleichen Jahr noch eine zweite HNO-Praxis auf. Es zeigt sich also: Die Mehrzahl der Versicherten nimmt die ambulanten Versorgungsangebote in durchaus nachvollziehbarer Weise in Anspruch. Aber eine nicht zu vernachlässigende Zahl an Menschen braucht mehr Orientierung und Steuerung, damit sie zügig die Behandlung erhalten, die für sie notwendig ist und gleichzeitig wertvolle Ressourcen nicht unnötig verschwendet werden.

Die häufig in der Öffentlichkeit diskutierten Hausarztmodelle bieten dafür keine überzeugende Lösung. Unsere Auswertungen zeigen, dass bei an diesen Programmen teilnehmenden Versicherten weder die Zahl der Facharztbesuche zurückgeht noch die Anzahl stationärer Aufenthalte. Statt besserer Steuerung sind aufgrund besonderer Honorare nur die Kosten höher. Außerdem würde eine flächendeckende Umsetzung des Hausarztmodells in der Regelversorgung mit mehr als 74 Millionen GKV-Versicherten die Praxen an ihre Kapazitätsgrenzen bringen und damit die hausärztliche Versorgung insgesamt verschlechtern.

Mehrere erste Anlaufstellen für die Versicherten

Das Modell der Ersatzkassen sieht daher vor, allen GKV-Versicherten durch ein persönliches Ärzteteam gleich mehrere erste Anlaufstellen zu bieten. Denn gerade viele chronisch kranke Versicherte müssen bestimmte Ärztinnen und Ärzte in regelmäßigen Abständen aufsuchen – sei es den Diabetologen, die Kardiologin oder den Orthopäden. Jeder und jede GKV-Versicherte wählt daher für sein beziehungsweise ihr persönliches Ärzteteam einen Hausarzt und bis zu drei Fachärzte aus, die er oder sie direkt und ohne Überweisung in Anspruch nehmen kann. Anstelle eines Facharztes kann auch ein psychologischer Psychotherapeut gewählt werden. Hinzu kommt die Möglichkeit, bei einem möglichen Behandlungsanlass auch eine telemedizinische Ersteinschätzung per Telefon, Video oder App zu nutzen, die eine konkrete Versorgungsempfehlung gibt oder direkt in eine Videosprechstunde führt. Damit haben gerade auch junge gesunde Versicherte ohne festen Hausarzt immer einen festen Anlaufpunkt.

Das persönliche Ärzteteam übernimmt dabei die Lotsenfunktion für die Versicherten. Das heißt, andere Ärztinnen und Ärzte können nur mit digitaler Überweisung in Anspruch genommen werden. Diese Überweisung wird – ähnlich dem eRezept – auf einer digitalen Plattform hinterlegt und beim Einlesen der Gesundheitskarte in der Praxis abgerufen. Auf diese Weise ist auch die Überweisung nach einer telemedizinischen Ersteinschätzung sofort verfügbar. Wichtig dabei: Die Inanspruchnahme von Ärztinnen und Ärzte außerhalb des persönlichen Ärzteteams ist nur noch mit digitaler Überweisung möglich. Dafür übernimmt das persönliche Ärzteteam auf Wunsch des Versicherten die Vermittlung eines Termins für einen Folgekontakt. Hierzu sollten die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung eine Online-Terminplattform einrichten, für die Ärztinnen und Ärzte freie Terminkontingente melden. Arztbesuche außerhalb des Ärzteteams und ohne Überweisung müssen dagegen zukünftig von den Versicherten selbst gezahlt werden.

Ziel des Konzeptes ist es somit, an den Stellen zu steuern, wo es notwendig und wirksam ist. Viele Versicherte werden gegenüber dem Status Quo keine Einschränkung spüren, weil sie sich ausschließlich innerhalb ihres persönliches Ärzteteams bewegen oder bereits heute nur Ärztinnen und Ärzte auf Überweisung hin aufsuchen. In den Fällen, in denen Versicherte heute überdurchschnittlich viele Arztpraxen – zum Teil sogar der gleichen Fachgruppe – aufsuchen, trägt die Steuerung allerdings dazu bei, dass die Ressourcen im ambulanten Bereich effizienter genutzt werden. Davon profitieren alle Beteiligten, da mehr und schnellere Termine für medizinisch notwendige Behandlungen verfügbar werden. Denn gerade in Zeiten steigender finanzieller Belastungen durch höhere Beiträge ist es wichtig, dass sich die Versicherten auf eine gute und einfach zugängliche ärztliche Versorgung verlassen können, wenn es wirklich darauf ankommt.

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