Stellungnahme zum Terminservice-Versorgungsgesetz (TSVG)

Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung
Ärztin im Patientengespräch

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Der Gesetzentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) umfasst Regelungen zu mehr Sprechstunden und schnellerer Terminvergabe für GKV-Versicherte, korrespondierend mit einer besseren Vergütung entsprechender ärztlicher Leistungen. Hinzu kommen unter anderem Regelungen zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung und mitgliedschafts-, beitrags- und leistungsrechtliche Regelungen sowie Neuregelungen zu Arzneimitteln, zur Pflegeversicherung, zum Sozialdaten- und Gesundheitsschutz und weitere Maßnahmen zur Digitalisierung. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens hat sich das TSVG zu einem veritablen Omnibus mit zuletzt 54 Änderungsanträgen entwickelt. Diese haben das Gesetz zum Teil gravierend verändert und waren vereinzelt umfänglich. Hier sind insbesondere die umfassenden Änderungen den Heilmittelbereich betreffend zu nennen, daneben aber auch die tiefen Einschnitte, die der Gesetzgeber im Bereich der gematik vornimmt und mit denen er sich selbst zum Mehrheitsgesellschafter macht.

Patienten sollen laut Gesetzesbegründung schneller einen Termin beim (Fach-)Arzt bekommen. Dazu werden die Terminservicestellen zu „Servicestellen für ambulante Versorgung und Notfälle weiterentwickelt“. Der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) hat dies ausdrücklich begrüßt. Der vdek begrüßt auch, dass mit dem TSVG die Mindestsprechstundenzeiten für Ärzte von 20 auf 25 Stunden in der Woche heraufgesetzt werden. Kritisch ist, dass im Zuge der Neuregelungen vieles, was heute Selbstverständlichkeit in Arztpraxen ist, in Zukunft extrabudgetär vergütet werden soll.

Die Einrichtung von Strukturfonds ist mit dem TSVG nun in allen Regionen der KVen obligatorisch. Sie sind mit Mitteln in Höhe von 0,1 bis 0,2 Prozent der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung auszustatten (bisher bis zu 0,1 Prozent). Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen werden zudem aufgefordert, ergänzende Mittel zur zweckgebundenen Förderung der Strukturen des Notdienstes bereitzustellen. Dieses Paket wird vom vdek kritisch gesehen. Begrüßt werden die Regelungen zur Einführung ambulanter Kodierrichtlinien. Dies hat der vdek seit Langem gefordert, um die Qualität der ambulanten Diagnosen zu sichern.

Mit dem Gesetz ist die Regelung, dass KVen zum Betreiben oder zur Beteiligung an Einrichtungen der unmittelbaren medizinischen Versorgung die Krankenkassen in Benehmen zu setzen haben, gestrichen worden. Die Krankenkassen haben aufgrund ihres direkten Versichertenkontaktes Einblick in die Versorgungsrealität vor Ort und im Sinne ihrer Versicherten großes Interesse an einer ausreichenden flächendeckenden, wohnortnahen Versorgung. Vor diesem Hintergrund wäre ihre Einschätzung bei der Bewertung, in welcher Form KVen Einrichtungen zur medizinischen Versorgung schaffen bzw. sich an ihnen beteiligen, hilfreich gewesen.

Ab dem nächsten Jahr wird die Versorgung mit Heilmitteln über bundesweite, gemeinsame und einheitliche Versorgungsverträge zwischen dem GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und den maßgeblichen Verbänden der Heilmittelerbringer geregelt. Diese Änderungen werden vom vdek als vergütungstechnisch unnötig und vertragspolitisch kontraproduktiv abgelehnt.

Ein wesentliches Element bilden die Regelungen zur Digitalisierung. Spätestens ab 2021 haben die Krankenkassen ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) anzubieten. Zudem wird den Krankenkassen ermöglicht, zusätzliche Angebote, wie Patiententagebücher oder Aufzeichnungen aus Fitnesstrackern, in den Patientenakten anzubieten. Die Krankenkassen sind auch verpflichtet, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ab dem 1.12.2019 mit einer kontaktlosen Schnittstelle auszustatten. Begrüßt wird, dass mit dem Gesetz die Krankenkassen Sozialdaten auf Verlangen des Versicherten zukünftig auch an externe Anbieter einer ePA weitergeben dürfen. Bislang bestand die Informationsbefugnis nur gegenüber dem Versicherten selbst. Davon unberührt bleibt, dass es in erster Linie die Krankenkassen sind, die ePA-Angebote für ihre Mitglieder unterbreiten sollten.

Völlig unakzeptabel sind die über Änderungsanträge in das Gesetzesverfahren aufgenommenen Neuregelungen die gematik betreffend. Die Bundesregierung wird danach mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter der gematik. Den Kassen bleiben 24,5 Prozent.

Das TSVG friert die Vergütungen der Vorstände von GKV-SV, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) und Medizinischer Dienst (MDS) bis zum Jahr 2028 ein. Erhöhungen der Bezüge sind nur noch zu Beginn einer Amtsperiode möglich und durch die Entwicklung des Verbraucherpreisindex gedeckelt. Zudem müssen Änderungen durch das BMG genehmigt werden. Die Regelungen stellen eine unangemessene Benachteiligung von Vorständen der Spitzenorganisationen dar.

Mit dem TSVG erhalten eine Vielzahl von mitgliedschafts- und beitragsrechtlichen Regelungen Gesetzeskraft. Besonders positiv hervorzuheben ist die Neuregelung des § 228 SGB V, mit der die rückwirkende Aufhebung von Beitragsbescheiden bei Nachzahlungen von Renten und Versorgungsbezügen geschaffen wird.

(Noch) nicht HIV-Infizierte, die älter als 16 Jahre sind und ein erhöhtes HIV-Infektionsrisiko aufweisen, können auch Beratung, Untersuchung und Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Präexpositionsprophylaxe (PrEp) als Kassenleistung beanspruchen. Der vdek sieht dies sehr kritisch, da vom bisherigen Prinzip der Eigenverantwortlichkeit hinsichtlich der Vermeidung von HIV-Infektionen, insbesondere durch Sexualkontakte, abgekehrt wird und erfolgreiche Präventionsbemühungen untergraben werden.

Die Neuregelungen zum Krankengeld sind weit überwiegend nachvollziehbar und werden befürwortet. War zunächst beabsichtigt, dass ab dem Jahr 2020 die gesamten Mittel zur Selbsthilfeförderung durch Krankenkassen einheitlich und gemeinsam verausgabt werden, verbleibt es nach Abschluss des Gesetzes doch bei einem Anteil von 30 Prozent, der durch die Krankenkasse individuell für Selbsthilfeprojekte genutzt werden kann. Hierfür hatten sich Kassen wie Vertreter von Selbsthilfeorganisationen einhellig eingesetzt.

Vollständige Stellungnahme zum Download vdek-Abschlussbewertung zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

24.05.2019