Stellungnahme zum Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG)

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung, zu Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse in der Pflege und zur Änderung weiterer Vorschriften
Krankenpflegerin legt Bandage an

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Mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG) soll die Anzahl der Pflegestudierenden erhöht werden, indem das Studium auf ein duales Modell umgestellt wird. Das heißt, Pflegestudierende schließen neben ihrer Immatrikulation zukünftig einen Vertrag mit einem Ausbildungsträger (z. B. Krankenhaus oder Pflegeeinrichtung) und erhalten eine angemessene Ausbildungsvergütung. Daneben wird die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse vereinfacht. Zudem erfolgt eine Ergänzung der Inhalte der Pflegeausbildung um Aspekte der Digitalisierung. Daneben enthält das Gesetz weitere Regelungen beispielsweise zur Abschlussprüfung, zur zusätzlichen Ausbildung im Zusammenhang mit Modellvorhaben und Detailregelungen zur Aufbringung der Finanzmittel.

Digitalisierung in der Pflegeausbildung

Der vdek begrüßt das Vorhaben, die Digitalisierung zukünftig stärker in der Pflegeausbildung abzubilden und die Pflegeberufe-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung (PflAPrV) entsprechend anzupassen. In Zeiten von elektronischen Behandlungs- bzw. Pflegeakten, elektronischer Patientenakte (ePA) und Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) bzw. Digitalen Pflegeanwendungen (DiPA) sind praktische Anwendungskenntnisse und ein allgemeines Hintergrundwissen für Berufsanfänger unerlässlich.

Fachkräftesicherung ist Pflegesicherung

Es ist richtig, dass sich der Gesetzgeber weiter um die Fachkräftesicherung in der Pflege bemüht. Denn die vorläufigen Zahlen des statistischen Bundesamts zeigen: Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge war trotz aller Maßnahmen zuletzt rückläufig. Insofern ist es wichtiger denn je, mehr Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen – und den Einstieg ausländischer Pflegefachkräfte beispielsweise durch die Erlaubnis zur partiellen Berufsausübung zu erleichtern. In diesem Zusammenhang werden die Neuregelungen zur vereinfachten Anerkennung als richtig und wichtig bewertet. Es bedarf jedoch weiterer flankierender Maßnahmen, um den deutschen Arbeitsmarkt für ausländische Pflegekräfte grundsätzlich attraktiver zu gestalten. So müssen dringend auch die Bundesmittel im Förderprogramm „Faire Anwerbung Deutschland“ aufgestockt werden. In diesem Kontext wirkt es nachteilig, dass das Aufgabenspektrum der Pflegefachkräfte im Vergleich zum Ausland in Deutschland begrenzter ist.

Finanzierung des Ausbildungsfonds ist nicht sachgerecht

Aufgrund der Finanzierungszuständigkeit der Länder lehnt es der vdek jedoch grundsätzlich ab, dass neben den beruflich Auszubildenden künftig auch Pflegestudierende aus den Landesausbildungsfonds – die sich überwiegend aus Beitragsmitteln der Versicherten speisen - eine Ausbildungsvergütung erhalten. So belasten die Landesausbildungsfonds die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in 2023 bereits mit ca. 2,8 Milliarden Euro und die soziale Pflegeversicherung (SPV) mit 0,5 Milliarden Euro (über direkte Zuweisungen aus dem Pflegefonds und indirekt über Leistungszuschläge nach § 43c SGB XI). Im SGB XI werden die Ausbildungskosten zudem zu wesentlichen Teilen durch die Pflegebedürftigen aufgebracht. Die Neuregelung führt mittelfristig zu einer weiteren Belastung der GKV in Höhe von 45 Millionen. Euro pro Jahr.

Zwar ist es grundsätzlich zutreffend, dass Pflegestudierende im Gegensatz zu Pflegeauszubildenden heute keine Ausbildungsvergütung erhalten und dies das Pflegestudium vergleichsweise unattraktiv macht, zumal beide ihre praktischen Pflichtzeiten in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern absolvieren müssen. Das Problem der mangelnden Attraktivität des Pflegestudiums darf aber nicht auf dem Rücken der Beitragszahlenden gelöst werden. Es handelt sich um eine staatliche Aufgabe. Zudem stehen für die Studienfinanzierung Studierenden die üblichen Hilfen wie Wohngeld, BAföG oder Stipendienprogramme offen.

Mehr Transparenz nötig

Dessen ungeachtet erhalten die Kranken- und Pflegekassen als maßgebliche Geldgeber der milliardenschweren Landesausbildungsfonds derzeit keine Transparenz hinsichtlich der Verwendung der Ausgaben. Der vdek sieht daher ergänzenden Regelungsbedarf, um insgesamt – aber auch in den Verhandlungen nach § 30 Pflegeberufegesetz (PflBG) – auf eine valide Datengrundlage zurückgreifen zu können.

Fehlende Rolle von Pflegestudierenden im Gesundheitswesen

Eine Zahlung von Ausbildungsvergütungen an Pflegestudierende hätte möglicherweise gar eine paradoxe Wirkung: Einerseits werden aufgrund der „Anreizwirkung“ (Ausbildungsvergütung) mehr Studienplätze besetzt, andererseits stehen am Ende möglicherweise weniger Pflegefachleute zur Verfügung. Denn noch stärker als bei der beruflichen Ausbildung ist es völlig offen, ob Hochschulabsolvent:innen letztlich im Pflegeberuf – insbesondere der Altenpflege – tätig sind. Denn das deutsche Heilberuferecht sieht bis dato keine eigene Rolle für hochschulisch qualifizierte Pflegekräfte vor, d. h. die Regeln zur Berufsausübung unterscheiden nicht zwischen beruflicher und hochschulischer Pflegeausbildung. Bereits dieser fehlende Unterschied dürfte für Hochschulabsolventen ein Grund sein, sich eigene Kompetenzbereiche durch ein Aufbaustudium zu erschließen, oft abseits der Pflege am Bett. Insofern wird die Zielstellung nicht erreicht. Damit ist dem allgemeinen Fachkräftemangel insbesondere im Bereich der Altenpflege noch nicht geholfen.

Pflegeberuf und Akademisierung attraktiver gestalten

Anstelle einer mit Beitragsmitteln finanzierten Ausbildungsvergütung an Pflegestudierende, muss der Pflegeberuf selbst und die Entscheidung für eine Tätigkeit am Bett nach einem Pflegestudium wieder langfristig attraktiver gestaltet werden. Dieser durch strukturelle Defizite hervorgerufenen Problematik kann nicht (erneut) mit mehr Geld begegnet werden. Stattdessen spielen eine erhöhte Arbeitsplatzattraktivität durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Form von beispielsweise einer besseren Personalausstattung, mehr Zeit für die Patient:innen und innovatives Personalmanagement eine zentrale Rolle.

Zudem sieht der vdek auch in der Vergabe und Nutzung der Beschäftigtennummer nach § 293 Absatz 8 SGB V zahlreiche Möglichkeiten zur Aufwertung des Pflegeberufs, indem sie beispielsweise in Analogie zu anderen Beschäftigtengruppen einen Einsatz im Zusammenhang mit Fort- und Weiterbildungen findet. Der vdek spricht sich daher dafür aus, die Beschäftigtennummer bereits mit der Berufsurkunde zu vergeben.