Neue, teure Medikamente: KBV muss Ärzte besser über Zusatznutzen informieren

Anlässlich des 119. Deutschen Ärztetages vom 24. bis 27. Mai 2016 in Hamburg appelliert der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) an die Ärzteschaft, sich stärker dem Thema Nutzen und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von neuen hochpreisigen Medikamenten zu stellen. „Die Erkenntnisse der frühen Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kommen in der Arztpraxis oft nicht an“, erklärte Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) müsse darauf hinwirken, dass die Ergebnisse endlich regelhaft in der Praxissoftware der Ärzte hinterlegt werden, und zwar in einer für den Praxisalltag tauglichen, komprimierten Form. Elsner: „Als Lizenzierer der Arztinformationssysteme hat die KBV die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass den Ärzten diese wichtigen Informationen in der Software zur Verfügung gestellt werden.“ Die Informationen über Zusatznutzen seien Grundlage für eine qualitativ hochwertige Versorgung der Versicherten.

An die Politik richtete die Vorstandsvorsitzende den Appell, die Veröffentlichung der Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung per Gesetz verpflichtend zu regeln. Kritisch wertete sie Pläne der Politik, auf die öffentliche Listung des Erstattungspreises zu verzichten. „Ärzte brauchen diese Informationen, um wirtschaftlich verordnen zu können. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass sie ihnen auch künftig zur Verfügung stehen.“

Die vdek-Vorstandsvorsitzende rief zudem die medizinischen Fachgesellschaften auf, die Ergebnisse der frühen Nutzenbewertung regelhaft in ihren Leitlinien zu verankern. Elsner: „Dies muss im Interesse der Versicherten Standard werden. Dabei ist wichtig, dass die Ergebnisse zeitnah nach Veröffentlichung in die Leitlinien aufgenommen werden, um ärztliches Handeln auf Grundlage qualitativ hochwertiger, evidenzbasierter Befunde zu fördern.“

Die Ausgaben für Arzneimittel steigen bei den gesetzlichen Krankenkassen seit Jahren kontinuierlich an, von 2014 bis 2015 nahmen sie um fast vier Prozent zu. Sie machten damit rund 17,3 Prozent der gesamten Leistungsausgaben der Kassen aus und stellen deren drittgrößten Ausgabenblock dar (nach Krankenhaus- und ärztlichen Behandlungen). Der Großteil des Ausgabenzuwachses bei Medikamenten ist auf neue hochpreisige Arzneien zurückzuführen.

Hintergrund:
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) im Jahr 2011 hat der G-BA die Aufgabe erhalten, für alle neu zugelassenen Arzneimittel nach Markteintritt eine wissenschaftliche Begutachtung ihres Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie durchzuführen („frühe Nutzenbewertung“). Die Ergebnisse dieser Bewertung stellen die Grundlage für die Preisverhandlungen (Verhandlung über den „Erstattungsbetrag“) zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem Pharmaunternehmen dar. Aufgrund der Regelungen des AMNOG können Pharmahersteller in Deutschland ein Jahr lang einen beliebig hohen Preis für neue Arzneimittel festlegen, was zum Teil zu „Mondpreisen“ führt. Der verhandelte Erstattungsbetrag gilt dann erst ab dem 13. Monat nach Markteinführung.

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